König Fußball regiert die Welt
„Frauenfußball ist doch längst gleichgestellt.“ „Sport ist unpolitisch.“ „Die FIFA macht das doch alles fürs Spiel.“ Solche Sätze fallen oft – in Gesprächen, in Kommentaren, in großen Sportredaktionen. Aber stimmen sie auch?
In unserem Podcast haben wir genauer hingeschaut: auf ungleiche Preisgelder, auf politische Einflussnahme im Weltfußball, auf Sportwashing, Menschenrechtsverletzungen und die Rolle der FIFA. Dieser Beitrag knüpft daran an – und geht noch tiefer.
Wir zeigen, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und Realität wirklich ist, liefern Fakten zu den finanziellen Ungleichheiten im Fußball und legen offen, wie sich Macht, Medien und Märkte gegenseitig beeinflussen. Für alle, die sich nicht mit der Fassade zufriedengeben, sondern verstehen wollen, was sich hinter dem Glanz des Spiels verbirgt – und warum der Frauenfußball mehr verdient als nur Applaus.
Die wertvollsten Fußballklubs und Ligen der Welt 2025 – Majestäten der Milliardenspiele
Im Jahr 2025 dominieren einige wenige Giganten das Ranking der wertvollsten Fußballvereine – angeführt von Real Madrid, das als erster Klub überhaupt einen Jahresumsatz von über 1 Milliarde US-Dollar erzielen konnte. Aber auch die großen Ligen rund um die Premier League und Bundesliga spielen eine zentrale Rolle im Milliarden-Spiel. Wir zeigen dir, welche Klubs und Ligen weltweit am meisten wert sind und liefern dir die aktuellen Marktbewertungen, Umsatzzahlen und League Revenues – klar, übersichtlich und faktenbasiert.
Top 10 der reichsten Fußballklubs weltweit (Stand: 2025)
| Rang | Klub | Marktwert (Mrd USD) | Umsatz 2023/24 (Mio USD) |
|---|---|---|---|
| 1 | Real Madrid | 6,75 | 1 129 |
| 2 | Manchester United | 6,6 | 834 |
| 3 | Barcelona | 5,65 | 821 |
| 4 | Liverpool | 5,4 | 773 |
| 5 | Manchester City | 5,3 | 901 |
| 6 | Bayern München | 5,1 | 827 |
| 7 | Paris Saint‑Germain | 4,6 | 870 |
| 8 | Arsenal | 3,4 | 771 |
| 9 | Tottenham Hotspur | 3,3 | 666 |
| 10 | Chelsea | 3,25 | 591 |
Top 5 der umsatzstärksten Fußball-Ligen (Saison 2023/24)
| Rang | Liga | Umsatz (Saison, in Mrd EUR) |
|---|---|---|
| 1 | Premier League (England) | 6,3 |
| 2 | Bundesliga (Deutschland) | 3,8 |
| 3 | La Liga (Spanien) | 3,8 |
| 4 | Serie A (Italien) | 2,9 |
| 5 | Ligue 1 (Frankreich) | 2,6 |
Wie wird der Wert einer Fußballliga berechnet?
Gesamter wirtschaftlicher Output: Der Ligaumsatz
Wenn vom Wert einer Liga die Rede ist, handelt es sich nicht um einen klassischen Börsenwert wie bei Aktiengesellschaften. Vielmehr geht es um den wirtschaftlichen Gesamtwert, den eine Liga durch ihre teilnehmenden Klubs, Medienrechte und weltweite Vermarktung erzeugt. Die gängigste Berechnungsgröße ist der konsolidierte Umsatz aller Klubs in einer Saison.
Beispiel: Die Premier League erzielte in der Saison 2023/24 einen Gesamtumsatz von rund 6,3 Mrd Euro. Diese Summe setzt sich aus Ticketverkäufen, Sponsoring, TV-Geldern, Transfers und Merchandising zusammen.
TV- und Medienverträge als Werttreiber
Ein erheblicher Teil des Liga-Werts stammt aus dem Verkauf von TV- und Streamingrechten. Die Einnahmen werden meist zentral von der Liga verwaltet und dann anteilig an die Klubs ausgeschüttet. In der Premier League bringt der nationale TV-Vertrag jährlich rund 2 Mrd Euro ein – hinzu kommen internationale Rechte.
Markenwert und globale Reichweite
Ligen mit hoher internationaler Sichtbarkeit sind besonders attraktiv für Sponsoren. Die Premier League wird beispielsweise in über 200 Ländern ausgestrahlt. Diese globale Präsenz steigert den Markenwert der Liga erheblich und führt zu zusätzlichen Einnahmen aus Werbung, Partnerschaften und Merchandising.
Organisationsstruktur – keine klassische Kapitalgesellschaft
Fußballligen sind in der Regel keine börsennotierten Unternehmen oder klassische GmbHs. Sie bestehen aus Verbänden oder Kooperationsmodellen der teilnehmenden Klubs:
- DFL (Deutsche Fußball Liga GmbH): Tochtergesellschaft des DFB, zuständig für Bundesliga & 2. Bundesliga.
- Premier League Ltd.: Private Gesellschaft im Besitz der 20 Klubs, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.
- La Liga: Organisiert durch die öffentlich-rechtliche „Liga Nacional de Fútbol Profesional“.
Ligen sind somit wirtschaftliche Verbünde von Klubs, keine Produkte einzelner Eigentümer.
Fazit
Der Wert einer Liga ergibt sich aus einer Kombination von:
- Gesamtem wirtschaftlichem Output der Klubs
- TV- und Medienrechten (national & international)
- Markenreichweite & Internationalisierung
- Vermarktungsstruktur (zentral vs. dezentral)
Es geht also nicht um einen fixen Verkaufspreis, sondern um eine dynamische Bewertung des ökonomischen Potenzials einer Liga – mit enormem Einfluss auf die finanzielle Entwicklung der einzelnen Klubs.
Quellen
Die FIFA – Machtzentrum des Weltfußballs
Gründung und Ursprungsidee
Die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) wurde am 21. Mai 1904 in Paris gegründet. Zu den sieben Gründungsmitgliedern zählten Frankreich, Belgien, Dänemark, die Niederlande, Spanien (repräsentiert durch Real Madrid), Schweden und die Schweiz. Ziel war es, den internationalen Fußball zu organisieren und einheitliche Regeln für den grenzüberschreitenden Spielbetrieb zu schaffen. Der erste Präsident war der Franzose Robert Guérin.
Die Gründung erfolgte in einer Zeit, in der Fußball rasant an Popularität gewann, aber es noch keine globale Dachorganisation gab, die Wettbewerbe koordinierte oder für verbindliche Spielregeln sorgte.
Aufgaben und Funktionen heute
Heute ist die FIFA der weltweite Dachverband des Fußballs und zuständig für:
- Organisation der Fußball-Weltmeisterschaften der Männer, Frauen und Jugend
- Förderung des Fußballs weltweit durch Entwicklungsprogramme
- Regelsetzung (in Zusammenarbeit mit dem IFAB) für internationale Spiele
- Verteilung von Finanzmitteln an die 211 Mitgliedsverbände
- Wahrung der Integrität des Spiels (z. B. durch Ethik-, Disziplinar- und Schiedsrichterkommissionen)
Ihr Selbstverständnis formuliert die FIFA als „globaler Förderer des Fußballs als Vektor für Frieden, Bildung und Inklusion“.
Struktur und Machtverteilung
Die FIFA hat heute 211 Mitgliedsverbände und ist in sechs Kontinentalverbände gegliedert (UEFA, CAF, AFC, CONCACAF, CONMEBOL, OFC). An der Spitze steht der FIFA-Präsident (seit 2016: Gianni Infantino).
Die zentralen Organe der FIFA sind:
- FIFA-Kongress: Versammlung aller Mitgliedsverbände (ein Verband = eine Stimme)
- FIFA-Rat: Exekutivorgan mit bis zu 37 Mitgliedern, trifft operative Entscheidungen
- Generalsekretariat: Verwaltung der täglichen Geschäfte
- Kommissionen: z. B. für Ethik, Schiedsrichter, Finanzen, Frauenfußball
Kontroversen und Skandale
Korruption und Bestechung
Einer der größten Skandale traf die FIFA im Mai 2015: In einer konzertierten Aktion der US-Justiz und Schweizer Behörden wurden mehrere hochrangige Funktionäre verhaftet – unter anderem wegen Bestechung, Geldwäsche und Betrug im Zusammenhang mit TV-Rechten und Turniervergaben. Der damalige FIFA-Präsident Sepp Blatter wurde später suspendiert, ebenso sein mutmaßlicher Nachfolger Michel Platini.
Vergabe der Weltmeisterschaften
Besonders umstritten waren die Vergaben der WM 2018 an Russland und 2022 an Katar. Beide Länder stehen wegen Demokratiedefiziten, Menschenrechtsverletzungen und mutmaßlicher Bestechung massiv in der Kritik. Die Auswahlprozesse gelten als hochgradig intransparent.
Intransparente Finanzen
Die FIFA generiert über 80 % ihrer Einnahmen durch die Männer-WM. Im Zyklus 2019–2022 nahm sie rund 7,6 Mrd. US-Dollar ein. Ein großer Teil der Mittel wird ausgeschüttet, aber immer wieder gibt es Kritik an mangelnder Kontrolle, zweckwidriger Mittelverwendung in Verbänden und Vetternwirtschaft innerhalb der Führung.
Kritik am Umgang mit Menschenrechten
Insbesondere durch die WM 2022 in Katar geriet die FIFA unter Druck. Mangelnde Menschenrechtsauflagen, das Ignorieren von Missständen bei Arbeitsmigranten und der Ausschluss politischer Botschaften (z. B. One-Love-Binde) sorgten für internationale Kritik. Zwar existiert mittlerweile eine Menschenrechtsstrategie, doch die Umsetzung bleibt umstritten und schwach kontrolliert.
Fazit
Die FIFA ist zweifellos einer der einflussreichsten Sportverbände der Welt. Ihre Rolle als Veranstalter und Förderer des globalen Fußballs steht jedoch seit Jahren im Spannungsfeld zwischen gemeinnützigem Anspruch und kommerziellem Machtapparat. Skandale um Korruption, fragwürdige WM-Vergaben und ein oftmals unkritischer Umgang mit autoritären Regimen werfen einen Schatten auf ihre Glaubwürdigkeit.
Gianni Infantino – Der FIFA-Pate – Ein Außenseiter mit Ehrgeiz
Gianni Infantino wird 1970 im schweizerischen Brig geboren. Seine Eltern stammen aus Italien und arbeiten am Bahnhof – einfache Jobs, ein einfaches Leben. In einer Zeit, in der viele Schweizer den Anteil ausländischer Arbeitskräfte begrenzen wollen, wächst Infantino mit Ausgrenzung und dem abwertenden Spitznamen „Cinque“ auf.
Sein Ausweg: der Fußball. Als Spieler fehlt ihm das Talent, also beschließt er schon in der vierten Klasse, „Advokat des Fußballs“ zu werden. Ein Außenseiter mit Plan – und einem Ziel vor Augen.
Vom Strippenzieher zum FIFA-Präsidenten
2009 wird Infantino Generalsekretär der UEFA. Er gilt als sachlich, unscheinbar – aber äußerst geschickt im Netzwerken. Im Mai 2015 erschüttert ein massiver Korruptionsskandal die FIFA. Die Präsidenten Joseph Blatter (FIFA) und Michel Platini (UEFA) werden gesperrt. Die Bühne ist frei.
Im Februar 2016 wählt der FIFA-Kongress überraschend Gianni Infantino zum neuen Präsidenten. Damit steht er an der Spitze eines Verbandes mit mehr Mitgliedern als die UN – und Milliardenumsätzen.
Geld gegen Loyalität – Das System Infantino
Die 211 Mitgliedsverbände der FIFA haben jeweils eine Stimme – unabhängig von Größe, Bedeutung oder Fußballtradition. Deutschland hat so viel Einfluss wie San Marino. Infantino nutzt das System zu seinem Vorteil.
Er erhöht in jeder Amtszeit die Fördergelder: Seit 2023 erhält jeder Verband rund 3 Millionen US-Dollar jährlich – plus Reise- und Betriebskosten. Viele kleine Verbände erhalten damit erstmals nennenswerte Summen. Und wer Geld bekommt, wählt meist den, der es verteilt.
Inhalte und Kontrolle sind zweitrangig. So sichert sich Infantino mit Geld ein globales Machtnetz.
Freundschaft mit Autokraten
Infantino pflegt enge Kontakte zu autoritären Herrschern. Vor allem zu Mohammed bin Salman, dem Kronprinzen von Saudi-Arabien. Die Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien erfolgte de facto ohne Ausschreibung – mit einem cleveren Schachzug: Nach der WM 2030 (bereits vergeben an Europa, Afrika und Südamerika) bleiben nur noch Asien und Ozeanien – perfekt für die saudische Bewerbung.
Weitere Beispiele seiner Autokraten-Nähe:
- Katar 2022: Ignorierte Menschenrechtsverletzungen, verteidigte das Gastgeberland öffentlich.
- Russland 2018: Enge Zusammenarbeit mit dem Putin-Regime, trotz geopolitischer Spannungen.
- China: Ausbau von Beziehungen und Ankündigungen gemeinsamer Projekte – trotz fehlender Pressefreiheit.
Sportswashing ist kein Nebeneffekt, sondern Teil des Kalküls.
Doppelmoral statt Fair Play
Infantino stilisiert sich als Reformer. Doch intern entmachtet er die Ethikkommission, kontrolliert Kodizes und ersetzt Kritiker durch Loyalisten. Der von ihm mitgestaltete Ethikkodex verbot sogar öffentliche Kritik an der FIFA. Wer dagegen verstößt, kann bis zu fünf Jahre gesperrt werden.
Gleichzeitig lebt er selbst im Luxus: Privatjets, ein Fitnessgerät für über 8.000 Euro auf FIFA-Kosten, ein Fahrer für seine Familie. Sein eigenes Jahresgehalt von 2 Millionen Franken nennt er „eine Beleidigung“.
Das ist keine Reformagenda – sondern Doppelmoral auf Funktionärsniveau.
Fußball als Mittel zum Zweck
Infantino sieht Fußball nicht als Spiel – sondern als Wachstumsmaschine. Seine Reformen folgen immer demselben Prinzip: größer, lukrativer, kontrollierbarer.
- WM 2026: erstmals 48 Teams statt 32
- WM 2030: verteilt auf drei Kontinente – ein logistisches Mega-Event
- WM 2034: zugeschnitten auf Saudi-Arabien
Jedes Turnier bringt mehr TV-Gelder, Sponsoren und Einfluss. Dass Spieler keine Pausen haben, Menschenrechte ignoriert werden oder die Fans außen vor bleiben? Für Infantino offenbar zweitrangig.
Sportwashing – Sport als Imagepolitik
Definition und Hintergrund
Sportwashing beschreibt die gezielte Nutzung von Sportveranstaltungen, Sponsoring oder Vereinsübernahmen durch autoritäre Staaten oder umstrittene Unternehmen, um von Menschenrechtsverletzungen, Korruption oder anderen kritischen Themen abzulenken und das eigene Image aufzupolieren. Der Begriff wurde im Zusammenhang mit Staaten wie Russland, China oder Saudi-Arabien geprägt, findet aber auch bei der Fußball-WM 2022 in Katar breite Anwendung.
Beispiele und Mechanismen
Typische Strategien sind etwa die Ausrichtung von Großevents wie Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen, das Sponsoring von Fußballvereinen (z. B. Paris Saint-Germain durch Katar) oder groß angelegte PR-Kampagnen. Dabei soll die positive Strahlkraft des Sports die Kritik an gesellschaftlichen Missständen überdecken.
Katar investierte vor der WM gezielt in internationale Sportstrukturen: Übernahme von PSG (2011), Erwerb von TV-Rechten über beIN Sports und die Ausrichtung zahlreicher weiterer Turniere (u. a. Leichtathletik, Boxen, Tennis). Ziel war es, Katar als moderne Kulturnation zu inszenieren – trotz anhaltender Kritik an Arbeitsrechten, LGBTQ+-Rechten und Pressefreiheit.
Internationale Kritik und Wirkung
Während Katar selbst die WM als Erfolg für Dialog und Völkerverständigung darstellte, sahen viele Beobachter darin den Versuch, mit Milliardeninvestitionen systematische Missstände zu kaschieren. Organisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International warfen der FIFA vor, keinerlei ernsthafte Menschenrechtsauflagen bei der Vergabe durchgesetzt zu haben.
Vor allem in westlichen Demokratien dominierte die kritische Berichterstattung: Tote auf Baustellen, Diskriminierung von LGBTQ+-Personen und Einschränkungen für Medien rückten in den Vordergrund – und überschatteten das sportliche Geschehen.
Zwischen Imagegewinn und PR-Debakel
Ob Sportwashing im Fall Katar „funktionierte“, bleibt umstritten. Einerseits erzielte das Land eine beispiellose weltweite Sichtbarkeit – ein geopolitischer Teilerfolg. Andererseits wurde das Turnier von einer Welle der Kritik begleitet, die auch die Glaubwürdigkeit der FIFA massiv beschädigte.
Die WM 2022 hat den Begriff Sportwashing endgültig im politischen Vokabular verankert – und zeigt, wie eng Sport, Macht und Imagepolitik mittlerweile miteinander verflochten sind.
Katar 2022 – Skandal-WM zwischen Sport, Ausbeutung und Umwelt
Todesfälle unter Arbeitsmigrant:innen
Seit der WM-Vergabe 2010 starben laut The Guardian mindestens 6.500 Arbeitsmigrant:innen aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka in Katar – das entspricht durchschnittlich fast 12 pro Woche zwischen 2011 und 2020 (). Offizielle Angaben sprechen hingegen lediglich von 37 nicht-arbeitsbedingten und drei arbeitsbedingten Todesfällen auf Stadionbaustellen – doch Experten bezweifeln die Klarheit dieser Zahlen. Katars WM-Organisationschef schätzte später selbst, dass zwischen 400 und 500 Arbeiter:innen während WM-Projekten starben – eine konkrete Zahl wollte er jedoch nicht nennen.
Arbeitsbedingungen & Kafala-Reformen
Arbeitsmigrant:innen waren oft extremen Bedingungen ausgesetzt: Hitze, lange Arbeitszeiten, unsichere Unterkünfte und fehlender Arbeitsschutz prägten das Bild. Unter internationalem Druck wurden 2020 Reformen eingeführt: Mindestlohn, Abschaffung vieler Aspekte des Kafala-Systems und erleichterter Jobwechsel. Die ILO spricht von Fortschritten, kritisiert aber weiterhin die mangelhafte Umsetzung und Überwachung der Gesetze – besonders bei extremen Wetterbedingungen.
Umweltbilanz & Greenwashing-Vorwürfe
Katar versprach die erste „klimaneutrale“ WM – doch Berechnungen zeigen, dass rund 3,6 Mio t CO₂ ausgestoßen wurden. Kritiker sprechen von kreativer Buchführung – etwa der anteiligen Berechnung der Emissionen von WM-Stadien. Und die tatsächliche Umweltbelastung könnte bei 5 Mio t CO₂ liegen – vergleichbar mit der Jahresbilanz eines Mittelstaates. Zudem benötigten allein die Spielfelder täglich bis zu 10.000 Liter Wasser, meist aus energieintensiver Meerwasserentsalzung.
Sportswashing & Imagepolitur
Katar nutzte die WM als Instrument zur Imagepflege. Infrastrukturausbau, Megaevents und Sportinvestitionen dienten dazu, internationale Aufmerksamkeit und Soft Power zu generieren. Ein Stadion wurde als temporär beworben – doch andere Arenen blieben, sodass Kritik laut wurde, man versuche, mit showartigen Maßnahmen vom Kernproblem abzulenken.
Fazit
Die WM 2022 in Katar bleibt eine Veranstaltung voller Widersprüche: Einerseits wurden Arbeits- und Umweltreformen angekündigt, andererseits zeigt die Realität tausende Todesfälle, hohe CO₂-Emissionen und massive Ressourcenverschwendung. Katar nutzte die WM bewusst als Bühne zur sportlichen und politischen Inszenierung. Doch während das Land seine Macht und Sichtbarkeit stärkte, rückten Menschenrechte und Umweltstandards ins Zentrum weltweiter Kritik.
Frauen im Fußball – Aufstieg, Ungleichheit und Zukunftsperspektiven
Historische Entwicklung
Der Frauenfußball hat eine lange, aber oftmals ignorierte Geschichte. Bereits 1895 fand das erste dokumentierte Frauenfußballspiel in England statt. In den 1920er-Jahren lockten Spielerinnen in Großbritannien teilweise mehr als 50.000 Zuschauer:innen an – bis der englische Fußballverband (FA) 1921 ein Verbot gegen Frauenfußball auf allen offiziellen Plätzen aussprach. Ähnliche Verbote gab es in vielen anderen Ländern.
Erst in den 1970er-Jahren wurden diese Restriktionen aufgehoben. In Deutschland wurde der Frauenfußball 1970 vom DFB offiziell anerkannt. Die erste Frauen-Weltmeisterschaft unter FIFA-Regie fand 1991 in China statt, die erste Fußball-Europameisterschaft der Frauen bereits 1984.
Struktur und Anzahl der Vereine
Inzwischen existieren weltweit hunderte professionell organisierte Frauenfußballvereine. In Europas Topligen (England, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien) verfügen über 80 % der Männerprofiklubs über ein Frauenteam. In der Frauen-Bundesliga spielen derzeit 12 Teams, darunter Vereine wie der VfL Wolfsburg, Bayern München und Eintracht Frankfurt.
Die FA Women’s Super League (England) gilt als finanzstärkste Liga der Welt, gefolgt von der National Women’s Soccer League (USA) und der französischen Division 1 Féminine.
Wirtschaftliche Unterschiede zu den Männerligen
Während Männerclubs wie Real Madrid oder Manchester United jährlich über eine Milliarde US-Dollar umsetzen, liegt der Jahresumsatz der meisten Frauenteams im Bereich von 1 bis 10 Mio USD. Die gesamte Women’s Super League kam 2023/24 auf ca. 65 Mio £ Umsatz – bei gleichzeitig 28 Mio £ Verlust (Financial Times).
Die TV-Einnahmen der Frauenligen sind stark begrenzt: Während die Premier League pro Saison über 2 Mrd. £ an Medienrechten einnimmt, generiert die Frauenliga oft nur ein paar Millionen. Auch Sponsoringverträge sind deutlich kleiner.
Gehaltsunterschiede & Preisgelder
Der Unterschied bei den Spielergehältern ist dramatisch. Laut einer FIFA-Studie von 2022 liegt das durchschnittliche Jahresgehalt von Profi-Spielerinnen weltweit bei nur 14.000 USD. In der National Women’s Soccer League (USA) sind es 35.000–75.000 USD. Bei Männern verdienen selbst Durchschnittsspieler oft mehrere Millionen pro Jahr.
Auch die Preisgelder zeigen das Ungleichgewicht: Die FIFA-Frauen-WM 2023 hatte ein Gesamtpreisgeld von 152 Mio USD. Bei der Herren-WM 2022 in Katar waren es 440 Mio USD. Selbst bei starkem Zuschauerinteresse (z. B. 2 Mrd. Zuschauer:innen weltweit bei der Frauen-WM) bleiben wirtschaftliche Ausschüttungen sehr unausgeglichen.
Mediale Präsenz und Sichtbarkeit
Die Sichtbarkeit von Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren verbessert. Die WM 2019 erreichte weltweit über 1 Milliarde Zuschauer:innen. Die EM 2022 in England erzielte neue Rekordzahlen bei Zuschauer:innen in Stadien und im TV – u. a. beim Finale zwischen England und Deutschland mit 87.000 im Wembley Stadion.
Dennoch erhalten Frauenteams nur einen Bruchteil der Berichterstattung im Vergleich zu Männerteams. Laut einer Studie der Universität Leipzig 2022 entfielen auf Frauenfußball weniger als 10 % der Fußballberichterstattung im deutschsprachigen Raum.
Gleichstellungsbemühungen und neue Ansätze
In Norwegen und den USA haben Nationalteams bereits Equal Pay-Vereinbarungen erreicht – die Spielerinnen erhalten dort dieselben Tagessätze und Prämien wie ihre männlichen Kollegen. Auch in Australien, den Niederlanden und Brasilien wurden ähnliche Modelle eingeführt.
Vereine wie der FC Barcelona investieren aktiv in ihre Frauenabteilungen – das Team gewann 2023 zum zweiten Mal die UEFA Women’s Champions League und zog über 90.000 Zuschauer:innen ins Camp Nou.
Herausforderungen & Zukunftsperspektiven
Trotz aller Fortschritte bleibt der Weg zur Gleichstellung lang. Hauptprobleme sind:
- Geringe Medienpräsenz
- Fehlende Infrastruktur (Trainingsgelände, medizinische Betreuung, Reisestandard)
- Strukturelle Ungleichheit in Verbänden und Clubleitungen
- Geringes Sponsoreninteresse im Vergleich zu Männerfußball
Analyst:innen sehen dennoch großes Potenzial: Laut Deloitte könnte der Frauenfußball bis 2030 zur Milliardenindustrie werden – wenn Investitionen, Medienrechte und Sichtbarkeit weiter steigen.
Fazit
Der Frauenfußball hat sich von einem jahrzehntelang unterdrückten Nischensport zu einem weltweiten Aufsteiger entwickelt. Doch die ökonomischen und strukturellen Unterschiede zu den Männerligen sind weiterhin eklatant. Die kommenden Jahre entscheiden, ob Gleichstellung Realität oder Wunschvorstellung bleibt. Klar ist: Das Potenzial ist da – jetzt braucht es mutige Entscheidungen und echte Investitionen.
Die neue Klub-WM der FIFA
Mit dem Finale zwischen Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea im MetLife Stadium von New Jersey endete ein vierwöchiges Turnier, das als eines der ambitioniertesten Reformprojekte in der Geschichte des Weltfußballs gilt. Die FIFA hat ihre Klub-WM grundlegend überarbeitet – und aus einem bislang wenig beachteten Mini-Turnier ein milliardenschweres Event geformt, das den globalen Vereinsfußball nachhaltig verändern könnte. Doch während FIFA-Präsident Gianni Infantino von einem „Meilenstein im Weltfußball“ spricht, warnen viele vor einem strukturellen Umbruch mit schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Finale und Austragungsort
Austragungsort des Finales war das MetLife Stadium im Großraum New York – eine der prestigeträchtigsten Arenen der USA. Über 80.000 Zuschauer:innen verfolgten die Begegnung zwischen PSG und Chelsea. Es war das erste Endspiel der neuen, erweiterten Klub-WM, bei der erstmals 32 Teams aus allen Kontinentalverbänden teilgenommen haben. Die Finalpaarung war aus Sicht der FIFA ein Erfolg: zwei global vermarktbare Marken, ein europäisches Spitzenduell mit hoher medialer Aufmerksamkeit – auch wenn etwa die US-amerikanischen Zuschauerzahlen hinter den Erwartungen blieben.
Struktur und Spielmodus
Die neue Klub-WM orientiert sich formal an der Fußball-Weltmeisterschaft der Nationalteams. Gespielt wurde in acht Vierergruppen, anschließend folgten Achtel-, Viertel- und Halbfinale im K.o.-System. Insgesamt standen 63 Partien auf dem Spielplan, verteilt auf zwölf Stadien in elf US-Städten. Ziel war es, ein globales Sommer-Spektakel zu etablieren, das sowohl sportlich als auch kommerziell neue Maßstäbe setzt. Der internationale Zuschnitt war offensichtlich – aber auch der Versuch, den nordamerikanischen Markt gezielt auf die WM 2026 vorzubereiten.
Preisgelder und Finanzierungsstruktur
Finanziell bewegte sich die neue Klub-WM in bislang unbekannten Sphären. Eine Milliarde US-Dollar wurden von der FIFA als Gesamtprämie angekündigt – rund 525 Millionen davon als Startgeld für die teilnehmenden Vereine, weitere 475 Millionen als leistungsabhängige Boni. Der Turniersieger konnte bis zu 87 Millionen Dollar einstreichen, deutlich mehr als bei der UEFA Champions League. Zusätzlich wurden weltweit 250 Millionen Dollar als Solidaritätszahlungen an nationale Verbände und kleinere Klubs verteilt. Offiziell will die FIFA damit die „globale Entwicklung des Vereinsfußballs“ fördern – Kritiker sehen darin eine Strategie zur Absicherung politischer Zustimmung durch finanzielle Anreize.
Kritik an Überlastung und Relevanz
Die sportliche Relevanz des Turniers bleibt umstritten. Viele Fans und Fachleute kritisieren die Terminfülle im Profifußball – mit bis zu 70 Spielen pro Jahr für einzelne Spitzenspieler. Die Klub-WM fiel in eine Phase, die traditionell als einzige Erholungszeit im Fußballjahr galt. Spielerverbände und Sportmediziner warnten eindringlich vor körperlicher Überlastung und einer weiteren Kommerzialisierung auf Kosten der Gesundheit. Auch die sportliche Qualität wurde in Zweifel gezogen: Während Traditionsvereine wie Liverpool oder Milan aufgrund der sportlichen Qualifikationsmechanismen fehlten, nahmen weniger bekannte Teams wie Auckland City oder Al Ahly teil – was die Qualität des Turniers insbesondere in der Gruppenphase verwässerte.
Machtkampf mit der UEFA
Hinter dem sportlichen Spektakel verbarg sich ein tiefgreifender politischer Konflikt zwischen FIFA und UEFA. Seit Jahren versucht Infantino, den Einfluss der FIFA im Klubfußball auszubauen – ein Bereich, der traditionell in der Hand der UEFA liegt. Die Einführung der neuen Klub-WM wurde bereits 2019 gegen massiven Widerstand europäischer Verbände beschlossen. Die UEFA fürchtet eine Schwächung ihrer eigenen Wettbewerbe, insbesondere der Champions League, durch das neue Format. Mehrere Ligen und Spielergewerkschaften haben bereits eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht – mit dem Vorwurf, die FIFA handele primär im eigenen kommerziellen Interesse und ignoriere bestehende Wettbewerbsstrukturen.
Finanzierungsdeals mit Fragezeichen
Zudem wirft die Finanzierung des Turniers Fragen auf. Der ursprünglich geplante Medienrechte-Deal mit Apple platzte überraschend. Kurz vor Turnierbeginn präsentierte die FIFA stattdessen DAZN als exklusiven Streamingpartner – weltweit und kostenlos für Zuschauer:innen. Offiziell soll DAZN rund eine Milliarde Dollar gezahlt haben. Doch die Branche zeigte sich skeptisch, ob diese Summe realistisch ist. Brisant: Nur zwei Monate später wurde bekannt, dass ein saudischer Staatsfonds für etwa 1,1 Milliarden Dollar bei DAZN einstieg. Der Verdacht, dass damit die Rechtekosten de facto von Saudi-Arabien übernommen wurden, steht im Raum – insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Land inzwischen auch den Zuschlag für die WM 2034 erhalten hat. Eine Stellungnahme von FIFA oder DAZN blieb bislang aus.
Technologisches Testfeld für die Zukunft
Sportlich umstritten, technisch jedoch ambitioniert – so lässt sich die Klub-WM auch als Innovationsplattform begreifen. Erstmals kamen Bodycams für Schiedsrichter zum Einsatz, der VAR wurde mit Stadion-Feeds für das Publikum transparenter gestaltet, KI-basierte Statistiken und neue Abseitstechnologien wurden getestet. Für die FIFA ist die Klub-WM nicht nur ein finanzielles Experiment, sondern auch ein Probelauf für die technologischen Standards der WM 2026 in Nordamerika.
Folgen für nationale Ligen
Langfristig könnte die neue Klub-WM tiefgreifende Folgen für nationale Wettbewerbe haben. Schon jetzt ist absehbar, dass finanzstarke Teilnehmer wie Bayern München oder Borussia Dortmund durch zusätzliche Einnahmen ihre wirtschaftliche Dominanz weiter ausbauen können. Für kleinere Bundesliga-Klubs bedeutet das eine wachsende Kluft – nicht nur sportlich, sondern vor allem finanziell. Während die FIFA von einem offenen Wettbewerb spricht, zeichnet sich in der Realität eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ab, bei der einige wenige Klubs Zugang zu globalen Märkten, Fanbasen und Sponsorengeldern erhalten – und der Rest zusehen muss.
Fazit
Die neue Klub-WM steht sinnbildlich für einen Fußball im Wandel: größer, teurer, internationaler – aber auch umstrittener denn je. Was für die FIFA ein globales Prestigeprojekt ist, sehen viele Fans, Spieler und Verbände kritisch. Das erste Turnier im neuen Format zeigt exemplarisch, wie sehr der Fußball zum Schauplatz eines wirtschaftlichen und machtpolitischen Ringens geworden ist. Ob sich die Klub-WM dauerhaft als neues Highlight im globalen Fußballkalender etabliert oder als überambitioniertes Experiment in Erinnerung bleibt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen – auf dem Platz ebenso wie in den Hinterzimmern der Fußballpolitik.
Klub-WM vs. Frauen-EM
Während die FIFA die neue Klub-WM als „weltweites Fußballfest“ inszeniert, fällt ein Aspekt besonders unangenehm auf: Das Turnier wurde exakt in den Zeitraum gelegt, in dem auch die Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2025 ausgetragen wird. Damit geraten zwei große Turniere in direkten Konkurrenzkampf – und der signalpolitische Schaden ist erheblich.
Denn was hier auf dem Spiel steht, ist mehr als nur ein logistisches Problem im Kalender. Es ist ein Ausdruck dafür, wie ungleiche Prioritäten im Weltfußball nach wie vor gesetzt werden. Während die Männer-Klub-WM mit 1 Milliarde US-Dollar Preisgeld, technologischen Innovationen und globaler Medienpräsenz glänzt, muss sich die Frauen-EM mit einem vergleichsweise bescheidenen UEFA-Preisgeldtopf von 16 Millionen Euro begnügen. Das entspricht weniger als zwei Prozent der Summe, die allein für die Männer-Klub-WM ausgeschüttet wurde.
Auch bei den Übertragungsrechten zeigt sich das Ungleichgewicht deutlich: Für die Klub-WM bezahlte DAZN laut Berichten rund eine Milliarde US-Dollar und sicherte sich damit die exklusiven weltweiten Rechte. Für die Frauen-EM hingegen verliefen die Verhandlungen mit Fernsehsendern zäh – mit Angeboten, die teils unter einer Million Euro pro Land lagen. In einigen Ländern drohte sogar ein kompletter Blackout, weil sich UEFA und Sender nicht auf einen Preis einigen konnten. Der Frauenfußball, der gerade erst an medialem Profil gewonnen hatte, wurde durch diese Parallelplanung zurück in den Schatten gestellt.
Statt Synergien zu schaffen, wurde ein Szenario erzeugt, in dem Aufmerksamkeit, Werbebudgets und Reichweite bewusst konkurrierend verteilt werden – oder treffender: einseitig zum Männerfußball verschoben. Die Frauen-EM hätte ein sportlicher wie gesellschaftlicher Höhepunkt des Jahres sein können – ohne Konkurrenz von Weltkonzernen, Superstars und Milliarden-Streamingdeals.
Kritiker:innen sprechen zu Recht von einem strukturellen Affront: Die FIFA lässt einmal mehr durchblicken, dass Gleichberechtigung im Fußball bestenfalls als PR-Vokabular taugt, solange Männerturniere systematisch bevorzugt werden – in Sichtbarkeit, in Ressourcen und in strategischer Prioritätensetzung. Das Jahr 2025 hätte ein Meilenstein für den Frauenfußball werden können. Stattdessen wird es zum Paradebeispiel dafür, wie internationale Verbände Gleichstellung ausbremsen – nicht durch offene Ablehnung, sondern durch ignorierende Parallelstrukturen.