von Manuel von Heugel
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Russische Bots und Desinformationen durch den Kremel im Deutschen Wahlkampf

Gezielte Manipulation, Fake News und hybride Kriegsführung – die Bundestagswahl 2025 steht im Fokus ausländischer Einflussnahme. Besonders Russland nutzt digitale Propaganda, um Stimmung zu machen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Eine Sabotageserie an Autos, koordinierte Desinformationskampagnen und die verstärkte Nutzung sozialer Medien für gezielte Manipulationen zeigen: Die Bedrohung ist real.

In dieser Analyse werfen wir einen Blick auf die jüngsten Fälle von Sabotage, die Methoden russischer Akteure und die Strategien zur Abwehr dieser hybriden Bedrohungen. Welche Parteien profitieren von Fake-Accounts? Warum spielt TikTok eine besondere Rolle? Und was unternimmt Deutschland, um seine demokratischen Prozesse zu schützen?

Höre jetzt die aktuelle Podcastfolge und erfahre mehr über die Hintergründe dieser Desinformationskampagnen.

Bildausschnitt von einem Hacker der seine zwei Hände auf der Tastatur hat

Sabotage gegen die Grünen: Ein perfider Angriff

Im Dezember 2024 sorgte eine Serie von Sabotageakten in mehreren Bundesländern für Aufsehen: über 270 Fahrzeuge wurden mit Bauschaum unbrauchbar gemacht. Die hinterlassenen Aufkleber mit dem Slogan „Sei grüner!“ und einem Bild von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sollten suggerieren, dass radikale Klimaaktivisten hinter der Tat steckten. Doch mittlerweile deuten die Ermittlungen darauf hin, dass es sich um eine russische False-Flag-Operation handelt. Ziel: die Diskreditierung der Grünen im Bundestagswahlkampf 2025.

Ermittlungsstand

  • Verdächtige: Drei Männer aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Deutschland wurden in Schönefeld (Brandenburg) mit Bauschaumkartuschen erwischt.
  • Geständnis: Einer der Verdächtigen sagte den Ermittlern, dass sie von einem Russen zu den Attacken angestiftet wurden. Über den Messengerdienst „Viber“ erhielten sie detaillierte Instruktionen zur Sabotage und sollten für jedes beschädigte Fahrzeug ein Honorar von 100 Euro erhalten. Als Beleg sollten sie Fotos der beschädigten Autos übermitteln.
  • Ermittler gehen von russischem Auftraggeber aus: Nach ersten Ermittlungen geht man davon aus, dass die Saboteure für ihre Taten Geld von einem russischen Auftraggeber erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft Ulm ermittelt in mehreren Fällen von gemeinschaftlicher Sachbeschädigung. Allein in Ulm wurden 123 Fahrzeuge beschädigt, der Sachschaden beläuft sich auf etwa 6000 Euro.
  • Politische Reaktionen: Grünen-Vertreter zeigten sich empört. Grünen-Parteichefin Franziska Brantner betonte, dass Russland einen hybriden Krieg gegen Europa führt und gezielt demokratische Parteien angreift. Auch CDU- und SPD-Politiker warnten vor einer zunehmenden Sabotagetaktik aus Russland.

Die Bild-Zeitung hatte prompt die Schlagzeile „Klimaradikale attackieren Autos“ verbreitet – ein klassisches Beispiel dafür, wie schnell Desinformation greift und manipulativ genutzt wird.

Russische Wahlkampfmanipulation:
Zahlen, Daten, Fakten

Die allgemeine Bedrohungslage

  • 90 % der Deutschen befürchten ausländische Wahlbeeinflussung (Reuters, 2025).
  • 120+ Fake-News-Websites verbreiten gezielt Falschinformationen in Deutschland (CORRECTIV, 2024).
  • 750.000 Fake-Accounts identifiziert als russische Propagandakanäle (EU-Kommission, 2023).
  • 35.000 Social Bots mit prorussischer Agenda aktiv auf X (Twitter) (EUvsDisinfo, 2023).

Ziel: Destabilisierung der Demokratie

  • Russische Troll-Aktivitäten haben sich seit 2021 verdreifacht (Oxford Internet Institute).
  • 1,2 Millionen Social-Media-Posts analysiert: AfD und BSW profitieren am meisten von prorussischer Bot-Unterstützung (ZDF, 2024).
  • Schläfer-Websites wie „Berliner Aktuelle Nachrichten“ erscheinen seriös, verbreiten aber gezielt Fake News im Wahlkampf (Correctiv, 2024).

Cyberangriffe & digitale Kriegsführung

  • 270 sabotierte Autos als Teil einer russischen False-Flag-Operation (Tagesschau, 2024).
  • Neue Sabotagekampagne „Storm-1516“: Laut Correctiv wurden gezielte Falschmeldungen mit Deepfakes über deutsche Politiker in Umlauf gebracht.
  • 300 Cyberangriffe auf Ministerien & Unternehmen im Wahljahr 2024 (BSI-Bericht).
  • GRU-Hackergruppen „Fancy Bear“ & „Sandworm“ verantwortlich für Angriffe auf Bundestag & EU-Parlament (Spiegel, 2023).

Die russische "Doppelgänger"-Kampagne vor der Bundestagswahl

  • Zeitraum: 17. Dezember 2024 – 14. Januar 2025.
  • Reichweite: Über 3 Millionen Nutzer wurden mit prorussischen Inhalten erreicht.
  • Gezielte Angriffe: Besonders die Grünen (59 Posts), Olaf Scholz (20 Posts) und CDU (20 Posts) wurden attackiert. AfD (4 Posts) wurde positiv dargestellt.
  • Manipulationstechniken: 72 Fake-Artikel, Nachahmung von Spiegel- und Welt-Artikeln, um Glaubwürdigkeit zu suggerieren.

Die Rolle der Medien und der Öffentlichkeit

Die Dynamik von Polarisierung und Fake News zeigt sich besonders in sozialen Netzwerken. Ein Selbsttest mit einem Video, das sich kritisch mit der AfD auseinandersetzte, zeigte: Auf TikTok schoss die Reichweite durch AfD-nahe Bots und Nutzer in die Höhe, während es auf Instagram oder YouTube kaum Resonanz erhielt. Das zeigt, wie gezielt bestimmte Netzwerke von russischen Einflussnahmen unterstützt werden.

Laut einer Studie von Correctiv und Netzpolitik.org wird TikTok verstärkt zur politischen Beeinflussung genutzt. Besonders rechte Parteien wie die AfD profitieren von der Plattform, weil der Algorithmus populistische und polarisierende Inhalte bevorzugt. Dies zeigt sich auch in der hohen Engagement-Rate von AfD-nahen Influencern, die teilweise mehr Reichweite als offizielle Parteikanäle generieren.

Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass russische Netzwerke gezielt Inhalte der AfD verstärken. In mehreren Fällen wurde nachgewiesen, dass prorussische Kanäle und Fake-Profile koordinierte Likes und Shares auf AfD-nahe Inhalte setzen. Diese Taktik führt dazu, dass solche Inhalte häufiger ausgespielt werden, während kritische Beiträge weniger Sichtbarkeit erhalten.

Fake-News-Kampagnen setzen auf eine Kombination aus „60/40-Taktik“ – 60 % Wahrheit, 40 % gezielte Desinformation. Dies sorgt dafür, dass Falschmeldungen glaubwürdig erscheinen und sich unkontrolliert verbreiten.

Die 60/40-Taktik des Kremls: Wie Desinformation mit Wahrheit vermischt wird

Die sogenannte “60/40-Taktik” des Kremls bezieht sich auf eine Strategie, bei der 60 % der Informationen in einer Desinformationskampagne wahrheitsgemäß sind, während die verbleibenden 40 % falsche oder irreführende Informationen enthalten. Durch die Mischung von Fakten und Fiktion wird die Glaubwürdigkeit der falschen Informationen erhöht, da sie in einen Kontext eingebettet sind, der für das Publikum plausibel erscheint. Diese Methode erschwert es den Empfängern, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, und dient dazu, Zweifel zu säen, Verwirrung zu stiften und das Vertrauen in verlässliche Informationsquellen zu untergraben.

Die 60/40-Taktik ist ein Beispiel für die subtilen und oft schwer erkennbaren Methoden der Informationsmanipulation, die darauf abzielen, öffentliche Meinungen zu beeinflussen und geopolitische Ziele zu verfolgen.

Strategien gegen hybride Bedrohungen

Die Bundesregierung hat erkannt, dass eine wirksame Verteidigung gegen hybride Bedrohungen notwendig ist. Seit 2024 gibt es folgende Maßnahmen:

  • AG Hybrid – eine interministerielle Arbeitsgruppe, die mit Verfassungsschutz, BND und Innenministerium russische Desinformation analysiert und Gegenmaßnahmen koordiniert. Diese Gruppe arbeitet auch mit europäischen Partnern zusammen, um Erkenntnisse über hybride Bedrohungen zu teilen (Quelle).

  • Task Force Früherkennung – Diese wurde vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingerichtet, um gezielt auf Desinformationskampagnen und Cyberangriffe zu reagieren. Die Task Force entwickelt Frühwarnsysteme, um Fake-News-Kampagnen frühzeitig zu erkennen und mit faktenbasierten Informationen entgegenzuwirken (Quelle).

  • Zusammenarbeit mit der EU – Deutschland beteiligt sich an der von der Europäischen Union gegründeten Einheit zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen, die Informationen zwischen den Mitgliedsstaaten austauscht und russische Desinformationsnetzwerke aufdeckt (Quelle).

Trotz dieser Maßnahmen bestehen weiterhin Herausforderungen:

  • Reaktive statt proaktive Maßnahmen: Oft werden Fake-News-Kampagnen erst dann erkannt, wenn sie bereits viral gegangen sind. Die deutschen Behörden sind gezwungen, bestehende Desinformationen mühsam zu widerlegen, anstatt sie präventiv zu verhindern.

  • Hohe Anpassungsfähigkeit russischer Akteure: Laut Experten entwickeln russische Desinformationskampagnen stetig neue Methoden, um Erkennungsmechanismen zu umgehen. Der Einsatz von KI-generierten Deepfakes und manipulierten Nachrichtenportalen erschwert die Bekämpfung erheblich (Quelle).

  • Lücken in der Regulierung sozialer Medien: Plattformen wie TikTok, X (Twitter) und Telegram bieten nach wie vor Schlupflöcher für Fake-News-Verbreitung. Während Facebook und YouTube ihre Richtlinien verschärft haben, bleibt TikTok laut Netzpolitik.org eine der wichtigsten Plattformen für politische Manipulation durch Social Bots(Quelle).

Fazit: Die Maßnahmen der Bundesregierung und der EU zeigen erste Erfolge, reichen aber nicht aus, um hybride Bedrohungen effektiv zu neutralisieren. Russland passt seine Taktiken kontinuierlich an, weshalb ein stärkerer Fokus auf präventive Strategien, Regulierung von Desinformationsplattformen und bessere Medienkompetenzprogrammenotwendig ist. Die kommende Bundestagswahl 2025 wird zeigen, ob Deutschland diesen Herausforderungen gewachsen ist.

Putins Bären
Die gefährlichsten Hacker der Welt

Russische Desinformationskampagnen und Cyberangriffe sind längst Teil geopolitischer Konflikte – auch in Deutschland. Fake-Accounts manipulieren Debatten, gezielte Hacks bedrohen Institutionen. Besonders im Wahlkampf nutzen Kreml-nahe Akteure diese Methoden, um Unsicherheit zu säen.

Die SWR-Doku „Putins Bären – Die gefährlichsten Hacker der Welt“ zeigt, wie russische Hacker arbeiten, welche Ziele sie verfolgen und wie Deutschland darauf reagiert.

CORRECTIV enttarnt:
Russlands Fake-Seiten im deutschen Wahlkampf

Russlands Desinformationskampagnen in Deutschland nehmen zu – besonders im Bundestagswahljahr 2025. Fake-Webseiten, die etablierten Medien täuschend ähnlich sehen, verbreiten gezielt Falschinformationen, um politische Stimmung zu beeinflussen und das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben. Das Rechercheteam von CORRECTIV hat eine umfassende Liste dieser manipulierten Plattformen zusammengestellt.

Wer sich schützen und faktenbasiert informieren möchte, findet hier die vollständige Übersicht:
[Hier geht’s zur Liste der Fake-Seiten]

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Manuel von Heugel

Manuel ist zusammen mit Sina Gastgeber des Podcasts “Politik aufs Ohr”. Seit August 2023 setzt er sich aktiv bei den Grünen in Friesland ein und wurde im März 2024 zum Ortssprecher der Grünen in Varel ernannt. Mit über 11 Jahren Erfahrung leitet er die Online Marketing Agentur WEBMARKETIERE, die sich auf die Erstellung und Vermarktung von Webseiten spezialisiert hat. In seiner Freizeit widmet sich Manuel leidenschaftlich dem Gärtnern und der Holzbearbeitung.

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