Wasserstoff - Champagner der Energiewende oder maßlos überschätzt?
In diesem Beitrag erfährst du alles Wichtige rund um Wasserstoff als Energieträger – von seiner Herstellung bis zu den aktuellen Entwicklungen. Wir beleuchten die Vorteile, Herausforderungen und Einsatzmöglichkeiten. Mehr dazu hörst du in unserer aktuellen Podcastfolge!

Grundlagen von Wasserstoff
Wasserstoff, mit dem chemischen Symbol H, ist das häufigste chemische Element im Universum. Als Energieträger kann er auf unterschiedliche Weise produziert werden. Besonders relevant für die Energiewende ist der sogenannte grüne Wasserstoff, der durch Elektrolyse unter Verwendung von erneuerbarem Strom hergestellt wird. Weitere Verfahren sind die Dampfreformierung, bei der aus fossilen Brennstoffen Wasserstoff gewonnen wird, sowie die Kohlenstoffabtrennung bei der Produktion von blauem Wasserstoff.
Wasserstoff in Stichworten:
- Chemisches Symbol: H
- Produktion: Elektrolyse (grüner Wasserstoff), Dampfreformierung (grauer/blauer Wasserstoff)
- Wirkungsgrad Elektrolyse: 60-70% (abhängig von der Technologie)
- Wirkungsgrad Gesamtprozess: 30-40% bei Rückverstromung in Brennstoffzellen
- Speicherformen: Gasförmig, flüssig, chemisch gebunden
- Anwendungsbereiche: Industrie (z.B. Stahlproduktion), Verkehr (Brennstoffzellenfahrzeuge), Energie (Stromspeicherung)
- Vorteile: Klimafreundlich, vielseitig einsetzbar, Energiespeicherung möglich
- Nachteile: Hohe Kosten, niedriger Wirkungsgrad, Infrastrukturbedarf
- Sicherheitsaspekt: Hochentzündlich, erfordert spezielle Sicherheitsvorkehrungen
Wirkungsgrade und Herausforderungen von Wasserstoff
Wirkungsgrade
- Elektrolyse: Wirkungsgrad von etwa 60-70%, abhängig von der Technologie. Neue Verfahren, wie die photoelektrochemische Wasserspaltung, könnten diesen Wert weiter verbessern.
- Rückverstromung: Bei der Umwandlung von Wasserstoff in Strom in Brennstoffzellen sinkt der Wirkungsgrad auf etwa 30-40%.
- Transportverluste: Beim Transport, insbesondere durch Verflüssigung, treten zusätzliche Energieverluste auf, die die Gesamtenergieeffizienz weiter reduzieren.
Herausforderungen
- Hohe Kosten: Grüner Wasserstoff ist derzeit teurer als grauer oder blauer Wasserstoff, hauptsächlich aufgrund der hohen Energiepreise und Infrastrukturkosten.
- Infrastruktur: Der Aufbau eines globalen Wasserstoffmarktes erfordert erhebliche Investitionen in Pipelines, Speicherlösungen und Transportinfrastruktur.
- Nachfrageanreize: Es fehlen Anreize auf der Nachfrageseite, was die Einführung von Wasserstofftechnologien verzögert und den Ausbau des Marktes behindert.
- Energieverluste: Die niedrigen Wirkungsgrade bei Produktion, Speicherung und Nutzung machen es schwierig, Wasserstoff effizient einzusetzen, weshalb er vor allem in speziellen Bereichen wie der Stahlproduktion oder im Schwerlastverkehr genutzt wird.
Speicherung und Anwendungen von Wasserstoff
Wasserstoff kann in verschiedenen Formen gespeichert werden: gasförmig unter hohem Druck, flüssig bei sehr niedrigen Temperaturen oder chemisch gebunden in Verbindungen. Diese Flexibilität macht Wasserstoff zu einem vielseitigen Energieträger, der in unterschiedlichen Sektoren Anwendung finden kann. Zu den wichtigsten Einsatzbereichen zählen:
- Industrie: Insbesondere in der Stahlproduktion kann Wasserstoff als Ersatz für Kohle eingesetzt werden, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren.
- Verkehr: Brennstoffzellenfahrzeuge nutzen Wasserstoff, um emissionsfrei unterwegs zu sein.
- Energiespeicherung: Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien kann in Form von Wasserstoff gespeichert und später wiederverwendet werden.
Vor- und Nachteile von Wasserstoff
Vorteile
- Klimafreundlich: Bei der Verbrennung von Wasserstoff entstehen keine schädlichen Emissionen, lediglich Wasser. Dies macht ihn zu einem sauberen Energieträger, besonders wenn er aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.
- Vielseitig einsetzbar: Wasserstoff kann in verschiedenen Sektoren eingesetzt werden, darunter Industrie, Verkehr und Energieerzeugung. Er kann fossile Brennstoffe ersetzen und zur Dekarbonisierung beitragen.
- Hohe Energiedichte: Wasserstoff hat eine hohe gravimetrische Energiedichte, was ihn für Anwendungen wie die Raumfahrt attraktiv macht.
- Regenerativ: Wasserstoff kann kontinuierlich produziert werden, besonders wenn erneuerbare Energien genutzt werden, was ihn zu einem nachhaltigen Energieträger macht.
- Effiziente Nutzung in Brennstoffzellen: Brennstoffzellen, die Wasserstoff nutzen, können elektrische Energie mit einem Wirkungsgrad von bis zu 60% erzeugen.
Nachteile
- Hohe Kosten: Die Herstellung von grünem Wasserstoff ist derzeit teuer, da die benötigte Technologie und Infrastruktur noch nicht im großen Maßstab verfügbar sind.
- Geringe volumetrische Energiedichte: Wasserstoff hat eine geringere Energiedichte pro Volumen im Vergleich zu fossilen Brennstoffen, was den Transport und die Speicherung erschwert.
- Infrastrukturbedarf: Es fehlt an einer weitreichenden Infrastruktur für die Produktion, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff. Dies behindert seinen breiten Einsatz.
- Sicherheitsrisiken: Wasserstoff ist hochentzündlich und erfordert spezielle Sicherheitsmaßnahmen bei Lagerung und Transport.
- Energieverluste: Bei der Herstellung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff treten Energieverluste auf, die die Gesamtenergieeffizienz verringern.
Aktueller Stand und Entwicklungen in Deutschland und weltweit
Deutschland hat ehrgeizige Ziele formuliert: Bis 2030 soll eine Elektrolysekapazität von 10 GW erreicht werden. Aktuell liegt die Kapazität jedoch noch bei rund 0,063 GW. Verschiedene Projekte befinden sich in Planung oder im Bau, mit einer Gesamtleistung von etwa 4,3 GW. Auch weltweit schreiten die Entwicklungen voran: China führt derzeit mit einer Kapazität von etwa 0,2 GW, gefolgt von der EU mit rund 0,1 GW. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 eine Kapazität von 40 GW zu erreichen.
Wasserstoffstrategie Deutschlands
Deutschland hat 9 Milliarden Euro in seine Wasserstoffstrategie investiert, wobei 7 Milliarden für nationale Projekte und 2 Milliarden für internationale Kooperationen vorgesehen sind. Die Strategie fokussiert sich vor allem auf den Einsatz von grünem Wasserstoff in der Industrie, im Verkehr und in der Energieerzeugung. Dabei wird auch eine technologische Führungsrolle in der globalen Wasserstoffwirtschaft angestrebt.
Projekte in Wilhelmshaven
Wilhelmshaven entwickelt sich zu einem wichtigen Knotenpunkt für Wasserstoffprojekte in Deutschland:
- Green Wilhelmshaven: Uniper plant eine 1-GW-Elektrolyseanlage sowie den Import von grünem Ammoniak. Ziel ist es, bis 2030 etwa 10-20 % des deutschen Wasserstoffbedarfs zu decken.
- TES Green Energy Hub: Dieses Projekt zielt darauf ab, ein Terminal für den Import von bis zu 250 TWh grüner Gase pro Jahr zu errichten und bis 2028 einen 500-MW-Elektrolyseur in Betrieb zu nehmen.
- BP-Projekt: BP plant den Bau eines Ammoniak-Crackers, der ab 2028 bis zu 130.000 Tonnen kohlenstoffarmen Wasserstoff pro Jahr aus grünem Ammoniak produzieren könnte.
Ammoniak als Transportmittel für Wasserstoff
Ammoniak (NH₃) wird zunehmend als ein vielversprechendes Transportmittel für Wasserstoff betrachtet. Dies liegt an seiner höheren volumetrischen Energiedichte im Vergleich zu flüssigem Wasserstoff und der bereits existierenden globalen Infrastruktur für den Transport von Ammoniak. Da Ammoniak bei relativ moderaten Temperaturen von -33 °C verflüssigt werden kann, ist es leichter zu lagern und zu transportieren als Wasserstoff, der bei sehr tiefen Temperaturen gehalten werden muss .
Der Prozess, Wasserstoff in Ammoniak umzuwandeln (Haber-Bosch-Verfahren) und ihn später wieder in Wasserstoff zu spalten (Ammoniak-Cracking), erfordert jedoch erhebliche Energiemengen und hohe Temperaturen. Diese Prozesse sind jedoch immer noch effizienter als der direkte Transport von Wasserstoff über lange Distanzen, insbesondere per Schiff .
Ammoniak bietet zudem die Möglichkeit, Wasserstoff in abgelegenen, sonnen- und windreichen Regionen wie der nordafrikanischen Wüste zu produzieren und nach Europa zu transportieren. Diese Lösung könnte in großem Maßstab zur Dekarbonisierung beitragen und die Energiewende vorantreiben .
Der Wasserbedarf bei der Wasserstoffproduktion
Eine weitere Herausforderung ist die Sicherstellung der Wasserversorgung, insbesondere in Regionen mit Wasserknappheit. Daher werden alternative Wasserquellen, wie industrielles Abwasser oder Brackwasser, als potenzielle Ressourcen untersucht, um die Konkurrenz mit der Trinkwassernutzung zu vermeiden.
In der großindustriellen Anwendung spielt auch die Effizienz der Elektrolyse eine Rolle. Es wurden Fortschritte erzielt, um den Energieverbrauch zu senken, sodass bei modernen Elektrolyseverfahren etwa 41,5 kWh Strom benötigt werden, um ein Kilogramm Wasserstoff zu produzieren, was einer Effizienz von etwa 95 % entspricht.
Insgesamt bleibt der Wasserbedarf ein zentrales Thema bei der Skalierung der Wasserstoffproduktion, insbesondere bei der Nutzung erneuerbarer Energien für die grüne Wasserstoffproduktion.
Woher soll das Wasser für Wasserstoff kommen?
Im Format “Nachhaltig kontrovers”, der Talkshow der Nordwest Mediengruppe in Zusammenarbeit mit dem Lokalsender Oeins, geht es in der aktuellen Folge passend zu unserem Podcast um das Thema Wasserstoff. Die Moderatorinnen Svenja Fleig und Anke Brockmeyer begrüßen hierzu den OOWV-Geschäftsführer Karsten Specht und den Energieunternehmer Maximilian Graf von Wedel als Gäste.
Quellen und Wissenswertes zum Thema
- Wasserstoff als Energieträger: Vor- & Nachteile | Vattenfall
- Wasserstoff als Energieträger – Eigenschaften, Vor- und Nachteile | Greengasservice
- Wasserstoffenergie: Vor- und Nachteile – Sigma Earth
- Gehört Wasserstoff die Zukunft? Vor- und Nachteile | Solarenergie.de
- Wasserstoff – Schlüssel im künftigen Energiesystem | Umweltbundesamt
- Was passiert 2024 am Wasserstoffmarkt? | ING
- Kompakte Kraftwerke für grünen Wasserstoff | Fraunhofer
- Fraunhofer UMSICHT - Wasserbedarf in der Wasserstoffwirtschaft
- FfE - Wasserstoffproduktionswege und Wasserbedarf
- Forschung und Wissen - Effizienz der Wasserstoffproduktion
- Wikipedia - Wasserstoffherstellung und Wasserbedarf
- Thyssenkrupp - Ammoniak als effizientes Transportmittel für Wasserstoff
- Fraunhofer ISE - Ammoniak als Wasserstoff-Vektor